Barbara Resch: "Die aktuellen Herausforderungen brauchen keine Lösungen aus der Mottenkiste, sondern Investitionen in Innovation, Qualifizierung und Infrastruktur."
Stuttgart. Angesichts wachsender Unsicherheiten, fehlender Perspektiven und dem Abbau von Arbeitsplätzen warnt die IG Metall Baden-Württemberg vor einem gefährlichen Substanzverlust des Standorts. „Wir erleben nicht immer den großen Knall, sondern einen schleichenden Wegbruch ganzer Geschäftsmodelle – besonders in der Automobilindustrie und im Maschinenbau“, sagte Bezirksleiterin Barbara Resch bei der Sommerpressekonferenz in Stuttgart.
Statt reflexartig an Arbeitszeit zu schrauben oder auf kurzfristige Sparprogramme auf Kosten der Beschäftigten zu setzen, brauche es entschlossenes Handeln und eine klare Zukunftsstrategie:
„Wir brauchen keine Lösungen aus der Mottenkiste, sondern gezielte Investitionen in Innovation, Qualifizierung und Infrastruktur“, betonte Resch. „Wer Arbeitsplätze sichern will, muss Wertschöpfung hier im Land halten. Dafür braucht es Verantwortung."
Klare Forderungen an Politik: Standort sichern, Zukunft gestalten
Resch kritisiert, dass politische Entscheidungsträger vor dem Hintergrund der tiefgreifenden Veränderungen bislang zu zögerlich agieren und in alten Routinen verharren. Um die industrielle Basis zu stärken und die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes zu sichern, fordert die Gewerkschaft, eine aktive Industriepolitik, die Schlüsseltechnologien gezielt fördert und deren Ansiedlung sowie Industrialisierung sicherstellt. Den Ausbau der Infrastruktur (Verkehr, Netze, Bildung) als Grundvoraussetzung für wirtschaftliche Stärke. Eine rasche Entlastung bei Energie- und Bürokratiekosten, gesetzlich abgesicherte Tariftreue bei öffentlichen Vergaben sowie ein klares Bekenntnis zur Mitbestimmung.
Verantwortung der Unternehmen: Zukunft sichern statt Stellen streichen
Auch die Unternehmen stehen in der Pflicht. Statt allein auf Kostensenkung und Personalabbau zu setzen, fordert die IG Metall nachhaltige Geschäftsmodelle und ein klares Bekenntnis zum Standort:
„Die Unternehmen müssen jetzt investieren – in neue Produkte ebenso wie in die Modernisierung von Prozessen und Abläufen zur Steigerung der Produktivität. Nach Jahrzehnten guter Gewinne dürfen die Beschäftigten nicht die Zeche zahlen, sobald der Wind etwas rauer wird. Das ist nicht soziale Marktwirtschaft, sondern einfallslos und unanständig!“, so die Bezirksleiterin auf der Sommerpressekonferenz.
IG Metall als Brückenbauer im Wandel
Die IG Metall Baden-Württemberg ist eine gestaltende Kraft der Transformation: „Wir sind das Bollwerk gegen Deindustrialisierung – und die Brücke in die Zukunft. Mit starker Mitbestimmung, innovativen Tarifverträgen, sozialem Ausgleich und einem klaren Fokus auf Qualifizierung sorgen wir dafür, dass Transformation nicht zum Jobkiller, sondern zum Zukunftsprojekt wird“, fügte Resch hinzu.
Transformation braucht Tarifbindung
„Wenn Tarifbindung weiter sinkt, verlieren wir nicht nur gute und gerechte Entgelte– sondern Vertrauen und Innovationskraft“, sagte die Gewerkschaftschefin. Die IG Metall Baden-Württemberg fordert gesetzlich abgesicherte Tariftreue bei öffentlichen Vergaben und ein klares Bekenntnis zur Mitbestimmung. Auch in der Rüstungsindustrie, deren Bedeutung zunehme, müssten klare Standards für gute Arbeit gelten.
Mit klarem Kurs auch bei Gegenwind
Zur Einigung im Zollstreit der Europäischen Union mit den USA findet Resch ebenfalls klare Worte: „Die deutsche Exportindustrie gewinnt auf jeden Fall bei diesem Deal gar nichts. Stärker als je zuvor zeigt sich, dass Europa jetzt gefordert ist den europäischen Binnenmarkt und die industrielle Wertschöpfung in Europa zu stärken und auszubauen. Deutschland und Europa brauchen dringend selbst öffentliche und private Investitionen in die eigene industrielle Wettbewerbsfähigkeit und für Energiewende sowie Transformation.“
Kluge Lösungen für die heimischen Standorte entstünden eben nicht durch einseitiges Sparen und reine Symbolpolitik, sondern durch eine gemeinsame Kraftanstrengung aller Akteure. Die IG Metall Baden-Württemberg ist bereit ihren Beitrag zu leisten.
Böblingen. Mit einem kämpferischen Appell zur Geschlossenheit und zum Aufbruch hat die IG Metall Baden-Württemberg ihre Bezirks- und Aktionskonferenz in Böblingen eröffnet. Die rund 300 Delegierten aus Betrieben und Geschäftsstellen im Land zogen dabei nicht nur Bilanz über 75 Jahre erfolgreiche Gewerkschaftsarbeit – sie richteten den Blick entschlossen nach vorn.
„Gewerkschaftsarbeit ist kein Sprint, kein Marathon, sondern ein Staffellauf“, betonte Bezirksleiterin Barbara Resch in ihrer Eröffnungsrede. „Wir stehen in der Verantwortung, die Erfolge unserer Vorgängerinnen und Vorgänger zu verteidigen und weiterzuentwickeln – für eine gute Zukunft in einem starken Industrieland.“
Zentrale Themen der Konferenz sind die Gestaltung der industriellen Transformation, die Zukunft der Tarifpolitik und die Vorbereitung auf die Betriebsratswahlen 2026. In zahlreichen Workshops erarbeiteten die Teilnehmenden Strategien, wie die IG Metall in Baden-Württemberg weiterhin sicht- und wirksam bleibt – vor allem in einer Zeit multipler Krisen und wachsender Unsicherheiten.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann würdigte in seinem Grußwort die Rolle der IG Metall als wichtigen Partner, um Wohlstand und Beschäftigung in Baden-Württemberg zu sichern: „Die Wirtschaft steht unter massivem Druck. Gewerkschaften und Unternehmen in Baden-Württemberg führen intensive, oft auch schwierige Verhandlungen über Beschäftigungs- und Standortsicherung. Dies kann uns gelingen, wenn wir in neue Technologien investieren und High-Tech-Standort bleiben, wenn wir durch Aus- und Weiterbildung dafür sorgen, dass unsere Fachkräfte fit für den Arbeitsmarkt der Zukunft sind, und wenn wir den Veränderungen mit einer positiven Haltung begegnen. Dafür müssen wir alle – Wirtschaft, Gewerkschaften und Politik – zusammenarbeiten. Es ist gut, dass wir mit der IG Metall einen starken Partner für diese Herausforderungen haben.“
Mit Blick auf aktuelle Debatten über längere Arbeitszeiten, die Abschaffung von Feiertagen oder eine Schwächung von Tarifverträgen und Mitbestimmung stellte Barbara Resch klar: „Wer glaubt, uns jetzt in die Schranken weisen zu können, wird sich täuschen. Unsere Antwort ist nicht Rückzug, sondern Angriff – solidarisch, kreativ und organisiert.“
Kritisch ging Resch auch mit Teilen der Arbeitgeberseite und der Politik ins Gericht: Es fehle an Investitionen, an Mut, an unternehmerischer Verantwortung. „Wir wollen keine Nebelkerzen, sondern echte Lösungen. Und wir fragen immer: Was bringt es den Beschäftigten?“, so Resch.
Die Konferenz steht im Zeichen des Aufbruchs: mit Zukunftstarifverträgen, Leuchtturmprojekten in der Transformation, gezielter Mitgliedergewinnung und entschlossenem Kampf gegen rechte Hetze in den Betrieben. „Unsere Mitglieder erwarten zu Recht von uns dass, wir die Arbeitswelt von heute und morgen in ihrem Sinne gestalten. Das werden wir mit aller Kraft auch tun!“, findet die Gewerkschaftschefin abschließend.
Die IG Metall Baden-Württemberg blickt auf eine starke Geschichte zurück – und geht mit klarer Haltung in eine herausfordernde Zukunft: selbstbewusst, kämpferisch und solidarisch.